Auf dieser Seite berichten Sammler von ihren Sammelstücken – wer sie konstruierte, baute und verwendete, welche Bedeutung sie für ihren Benutzer hatten, was Stempel und Markierungen verraten und vieles mehr. Es sind sehr seltene Exponate dabei, aber auch in Massen produzierte Waffen, die aber irgendetwas Besonderes haben. Erfahren Sie, was und warum.
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Der Katzbalger
von Ulf Anhäuser und Gregor Wensing
Mit diesem Namen ist eine der am weitesten verbreiteten Nahkampfwaffen der Landsknechte im 16. Jahrhunderts benannt.
Mit Kaiser Maximilian (1459–1519), dem „letzten Ritter“, ging die Epoche zu Ende, in welcher die Landesherren ihre Ritter noch zum Kampf aufrufen konnten. Sie waren stattdessen ab dem frühen 16. Jahrhundert darauf angewiesen, (zusätzliche) Soldaten gegen Geld („Sold“) anzuwerben, um mit Hilfe dieser Söldner ihre Konflikte auszutragen. Söldner sind im Gegensatz zu Soldaten nicht Angehörige regulärer Armeen.
Originale Katzbalger sind äusserst selten; hier die Abbildung einer Replika. Katzbalger waren die Waffe des einfachen (= armen) Söldners, d. h. es fehlt ihnen jeglicher Schmuck, den die Waffe eines Adeligen oder gar eine Prunkwaffe auszeichnet und der den ersten Besitzer, seine Erben und auch noch spätere Generationen motivierte, den Degen, das Schwert oder den Dolch zu bewahren. Zudem wurden Katzbalger im Kampf gebraucht - und dabei verkratzt, beschädigt oder sogar zerbrochen. Schon von Vornherein als Gebrauchsgegenstand konzipiert, waren sie nach Beschädigung erst recht nicht mehr des Aufhebens wert und ihr wertvolles Eisen wurde eingeschmolzen und einer neuen Verwendung zugeführt. Bild: Wiki Commons
Drei wesentliche Waffentypen schälten sich in dieser Zeit heraus, nämlich
- Die „Ochsenzunge“,
- der „Bidenhänder“ und
- der „Katzbalger“.
Schon zu Beginn des 14. Jahrhunderts hatten sich Schwerter herausgebildet, die ihre Entstehung der individuellen Sorge um Leib und Leben verdankten. Diese, auch „Haus-“ oder „Bauernwehren“ genannten Schwerter waren für den Kampf zu Fuß gedacht und daher meist von geringer Länge.
Die Cinquedea – im Deutschen als „Ochsenzunge“ bezeichnet – ist eine solche kurze Klingenwaffe, die leicht an ihrer überbreiten Klinge zu erkennen ist. In Norditalien entwickelt, wurde sie im 15. und 16. Jahrhundert hauptsächlich von Zivilisten getragen. Sie verbreitete sich von dort über Frankreich und Burgund bis nach Deutschland. Ihre Länge ging von etwa 35–50 cm und lag damit zwischen der eines Dolches und eines Schwertes.
Ihr Name („Cinque dea“ = fünf Finger) bezieht sich auf die Klingenbreite am Heft. Die Klinge hat in Griffnähe die Breite einer Hand und verjüngt sich stark bis zur Spitze hin. Sie hat einen charakteristischen dreigeteilten Hohlschliff. Das Gefäss (= Griffstück) besteht meist aus einer bogenförmige Knaufkappe und einer vierkantige Parierstange mit zur Klingenspitze hin gebogenen Armen. Oftmals besitzen die Stücke ein reich vergoldetes, florales Ätzdekor. Der Griff ist mit Elfenbeinplatten belegt und wird durch drei rosettenartig durchbrochene Nieten gehalten.
Die wohl typischste Waffe der Landsknechtszeit ist jedoch der Katzbalger – und wohl der im Original am seltensten vorkommende Schwerttyp. Aber er ist auch einer der bekanntesten Schwerttypen überhaupt und untrennbar mit seinem Träger – dem Landsknecht – verbunden. Hierin liegt wohl auch der Grund für seine heutige Seltenheit: Er war die Waffe eines Knechts, nicht die eines adeligen Herren und daher gehörte solch ein Stück in keine Rüstkammer. Er war kein Statussymbol wie der Degen, das Schwert oder das Rapier. Stattdessen war er immer Eigentum eines bezahlten Söldners und so finden sich auch keine Stücke in den Zeughäusern, in welchen das Gemeingut der wehrhaften Städte verwaltet wurde. Zudem ist der Katzbalger keineswegs die Hauptwaffe des Kämpfers, sondern eher seine Waffe zur Selbstverteidigung – gebraucht, wenn die Formation aufgelöst ist und man sich im Kampfgetümmel behaupten musste. Dann nämlich, wenn man sich mit seinen Gegner im Nahkampf Mann gegen Mann wie die „Katzen balgen“ musste. Zwar ist diese Herkunft der Bezeichnung "Katzbalger" nicht verbürgt, aber durchaus nachvollziehbar.
Es gibt noch eine andere Erklärung, die sich auf die Trageweise bezieht: Der Katzbalger wurde angeblich in einem Katzenfell getragen („Katzenbalg“) welches an der Klingenspitze nicht verschlossen war und daher einen schnellen Stoß erlaubte, ohne erst das Schwert aus seiner Scheide zu ziehen.
Blankwaffen werden regelmäßig in Scheiden getragen. So wird einmal der Träger selber vor Verletzungen durch die eigene Klinge geschützt, aber auch die Klinge selber wird vor Beschädigungen bewahrt. Auf zeitgenössischen Abbildungen sieht man den Katzbalger jedoch regelmäßig nur in einer typischen Scheide – von welcher kein sicher belegtes Exemplar überliefert ist! Dies bedeutet, dass man zum Katzbalger und zu seiner Scheide nur indirekt etwas sagen kann, da Abbildungen nicht immer präzise sind und auch oft die persönliche Sichtweise des Künstlers widerspiegeln.
Auf Holzschnitten oder Gemälden abgebildete Scheiden für den Katzbalger werden mit Metallbändern rechts und links sowie einem verstärkten Ortblech dargestellt; daraus lässt sich ableiten, dass wegen der spitzen Klinge ein Schutz gegen das Durchstoßen der Scheide sowie auch eine seitliche Verstärkung aufgrund der Schärfe der Klinge nötig waren.
Man stelle sich schließlich die Unruhe vor, wenn beim Marsch in Formation immer der Hintermann durch den Katzbalger des vorneweg Marschierenden gepiekt würde ... Schlimmer käme es noch, wenn der Landsknecht ein Pferd besteigen will, welches statt der Sporen beim Ritt den Katzbalger beim Aufsitzen zu spüren bekommt. Nein, die Erklärung des Namens über das Katzenfell greift wohl nicht.
Der Katzbalger besitzt eine gerade und relativ flache Schwertklinge. Die Form des Ortes ähnelt der des römischen Gladius. Auch der Verwendungszweck war der Gleiche wie beim Gladius, der Nah- bzw. der Fußkampf. Der Ort der Katzbalgerklinge ist wie beim Gladius verdickt und fast vierkantig, dabei aber sehr spitz (wie die Kralle einer Katze …). Damit die Klinge nicht zu schwer wird, ist sie dünn. Aufgrund ihrer Länge verliert sie jedoch an Stabilität und bricht darum leicht hinter dem Ort ab. Komplett erhaltene Katzbalger sind daher eine große Rarität; dass die allermeisten der überhaupt erhaltenen (und die aus welchem Grund auch immer nachgefertigten) Exemplare einen runden Ort haben und ihre Länge meist zu gering angesetzt wird, kann sich daraus erklären, dass eben bei der Mehrzahl der Stücke die Klinge abgebrochen ist und diese Waffen nicht repariert, sondern einer anderen Verwendung zugeführt wurden, bei welcher der spitz zulaufende Ort entbehrlich war.
Besonders charakteristisch ist das Gefäß des Katzbalgers mit seiner s-förmig bis zu einer „8“ gebogenen Parierstange, die als Handschutz dient. Diese kann zwar nicht gegen einen Stoß schützen, aber man kann durchaus eine Klinge zwischen Handschuh und Bügel fangen. Zudem ist sie groß genug, um auch bei gehobenem Schwert als Schlagring verwendbar zu sein. Sie hat keine vorstehenden Enden, die sich im Gedränge verhaken könnten.
Kopie eines Katzbalgers (aus Wiki Commons)
Zur Begriffsbestimmung:
Mit Blankwaffe werden alle Klingenwaffen aus Metall bezeichnet. Man unterscheidet bei ihnen weiter Hieb- und Stoßwaffen. Hiebwaffen sind Schwert und Säbel, aber da Hiebwaffen auch immer Stoßwaffen sind, rechnet man Pallasch, Gladius (Kurzschwert) und das spätere Faschinenmesser dazu. Als Stoßwaffen bezeichnet man Degen, Rapier, Dolch und das Bajonett. Stoßwaffen eignen sich in der Regel nicht als Hiebwaffe. Auch erfordert die Stoßwaffe das größere Können im Umgang und begründete somit die moderne Fechtkunst. Allgemein gilt die Regel, dass der Degen dem Schwert immer überlegen ist.
Das Wort Heft leitet sich ab vom Vorgang des aufeinander Heftens genieteter Griffplatten.
Gehilz oder Hilze ist die altdeutsche verkleinernde Bezeichnung für „Gehölz“ und bezieht sich hier auf ein kleines rundes Hölzchen, das als Griff dient.
Der Knauf ist ein kugel- oder scheibenförmiges Endstück einer Blankwaffe und hält Griff und Klinge zusammen. Er bildet den oberen Abschluss einer Blankwaffe. Sein Zweck ist primär das Ausbalancieren der Waffe, weiter soll er das Abgleiten der Hand nach hinten verhindern, was besonders bei den einfacheren Gefäßen ohne Korb möglich ist.
Die Klinge ist der zum Hieb oder Stich gedachte Hauptbestandteil einer Blankwaffe.
Die Angel ist Teil der Klinge. Dieser Teil ist nicht gehärtet und sitzt unsichtbar im Griff
Die Schneide ist die geschliffene Kante einer Klinge, der Rücken ist der ungeschärfte Teil. Bei einer zweischneidigen Blankwaffe sind beide Seiten der Klinge geschliffen.
Das Ricasso ist der ungeschliffener Teil einer Klinge. Es befindet sich direkt unterhalb der Parierstange.
Der Ort ist die Spitze der Klinge.
Die Parierstange ist der Schutz der eigenen Hand vor der Schwert- oder Messerklinge eines Gegners. Sie liegt als quer angebrachtes Stück zwischen dem Griff und der Klinge einer Blankwaffe und verhindert auch ein Abrutschen der Hand mit nachfolgender Verletzung an der eigenen Klinge. Beim Säbel und den meisten seinen Abarten ist die Parierstange verlängert und wird auf der Seite der Klingenschneide bogenförmig in Richtung Griffende geführt. Sie bildet so einen Bügel zum Schutz der Faust. Bei Korbschwertern findet man die Parierstange als Handkorb ausgebildet.
Als Gefäß bezeichnet man Gehilz, Knauf und Parierstange, also den Teil, an dem man eine Blankwaffe anfasst. Man greift in ein Gefäß hinein, so dass dieses die Hand des Kämpfers schützt. Man kennt das einfache Kreuzgefäß, das nur aus einer Parierstange besteht, das Bügelgefäß, welches mehrere Spangen aufweist sowie das Korbgefäß, das die ganze Hand umschließt.
Literatur:
Wendelin Boeheim: Handbuch der Waffenkunde, Leipzig 1890
Wendelin Boeheim: "Die Zeugbücher des Kaisers Maximilian I.", Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses", Band 13, S. 111, Wien, 1892
Georg Ortenburg: Waffen der Landsknechte. 1500–1600, Augsburg 2002
Eduard Wagner: Hieb-und Stichwaffen, Hanau 1985
Illustriertes Lexikon der Hieb- & Stichwaffen, Erlangen, 2001
Seifert, Gerhard; Fachwörterbuch der Blankwaffenkunde - Deutsches ABC der europäischen Trutzwaffen - Eigenverlag, Haiger 1981,
Heribert Seitz, Blankwaffen Band I, Braunschweig 1965
Hans-Ulrich Haedeke, Blankwaffen, Deutsches Klingenmuseum Solingen, Köln 1982